Würdest du nach Australien auswandern?

So nach einem Monat werde ich öfter gefragt: „Und? Wie isses da unten so? Könntest du dir vorstellen da zu leben?“

Bisher: „Könnte ich schon, aber Schland ist doch bisher noch meine erste Wahl.“ Warum das? Australien ist doch soooo toll! Naja, so langsam bekomme ich hier die Probleme mit:

Wasser kommt aus einem Stausee und der ist aktuell auf 38% runter. D.h. Sparmaßnahmen Level 1 sind in Betrieb: Nur 2 mal die Woche darf der Rasen gegossen werden. Naja, auch mehrmals hilft nix wirklich, das Gras hier ist nicht wirklich schön. Die Bürger haten allerdings in den Kommentaren, dass die Stadt an anderen Stellen so viel Wasser verschwendet, und dass man doch letztes Jahr für viel mehr öffentliches Wasser gezahlt hat, Steuerrückzahlungen gibt es natürlich nicht. Außerdem schmeckt es nach Chlor. Pfui bäh! Naja, man gewöhnt sich dran. In Deutschland trink ich dann auch einfach aus’m Schwimmbad. Nomnom.

Reden wir weiter über öffentliche Gelder: Straßendienst? Gibt’s hier nicht. Keiner macht die Straßen sauber. Da ist es zwar schön, dass es „manchmal“ fette Radwege gibt, aber die sind so voll mit Dreck und Glas, dass ich nach 1 Monat schon 2 Platte hatte. Meine Kommilitonen je Einen. Außerdem gibt es nur sporadisch Bürgersteige und die Radwege enden oft einfach auf einer dreispurigen Straße ohne weiter zu gehen. Danke. Dafür gibt’s an allen Ecken und Enden kostenlose Trinkstellen und E-Grills. Wo ich dann öffentlich kein Bier zu meinem Gegrillten trinken darf…

Aber alles ist schöner als Deutschland und die Asyl-Debatten? Rassismus-Probleme gibt’s hier auch. Wobei ich nur das Naserümpfen gegen die Natives mitbekomme. Das ist eh alles so eine schizophrene Sache. Einerseits hör ich mir in der Uni an, dass es deren Land ist und wir um Erlaubnis fragen müssen, wenn wir eine ihrer Grenzen überschreiten, andererseits lese ich Artikel über Rivers Acts, die den Natives Rechte um die Flüsse herum wegnehmen. Und von dem was man so von Einheimischen aufschnappt, reden wir mal gar nicht.

Einkaufen: WOHER BEKOMME ICH EINEN MIXER? Ich habe es jetzt 3 mal in 2 Supermärkten versucht. Fehlanzeige. Einfach bei Amazon bestellen? Gibt’s hier nicht! Also bleibt eigentlich nur eBay und dort dauert ein Päckchen aus Sydney gerne mal 3 Wochen (War sogar 1 Tag langsamer als aus Hongkong). Da bin ich mit Amazon Prime doch Besseres gewöhnt. Und Worst-Case kann ich auch mal nach Frankfurt fahren und dort alles bekommen. Hier? Stockland, BigW, K-Mart. Was es da nicht gibt, gibt’s nicht. Pech.

Die Entfernungen… Wo sind die Clubs in dunklen Kellergewölben? Wo die Festivals auf einem Acker am Waldrand? Wo all die schwarz gekleideten, Bier saufenden Gestalten? Ja, cool: Am 1. Okt spielen Behemoth hier im Land… In Brisbane… Sind ja nur 1352km. 🙁

Allgemein, irgendwie fühlt sich das australische Leben im Haus und draußen (insoweit man es bei der Sonne dort aushält) einfach etwas weniger komfortabel als das Deutsche an. Und ich bin nicht sicher, ob dass an dem 1/2 Million AUD US-Style-Papp-Haus liegt. Das Haus in Melbourne, mit einem Thermomix in der Küche kam mir ähnlich vor.

Hier Urlaub und Sightseeing machen, ja gerne! Mit Wildlife Fotos auf Reddit Karma farmen, super. Hier LEBEN? Das muss ich mir dann doch 2 mal überlegen. Warten wir’s mal ab wie ich denke, wenn ich nach 6 Monaten im Januar in den deutschen Winter zurückkomme… 😀

Hier Leben zu wollen hinge wahrscheinlich mehr vom Job und den Leuten in der Firma ab. Lieber am Rand von Melbourne oder Sydney und nicht in T-Ville. Gerne etwas komfortabler, so mit Auto und echtem Schreibtisch-Stuhl und ohne Sprungfedern in der Matratze. Ja vielleicht… Aber Deutschland ist auch toll!

03.08. bis 16.08.2015 – Townsville, erste Ausflüge

„Stockland“ – Das Schockland! Wir besuchten dann doch mal dieses Monster von Einkaufszetrum mit 180 Läden. Zum Glück gibts es an den Eingängen Lagepläne für dieses Labyrinth der Meister! 😅
Ich habe nämlich dringend Kram aus der Pharmacy (dm) gebraucht. -Gab es leider nicht. Noch nicht mal auf Bestellung!
Wir entdeckten dort einen Laden der an einen „REAL“ erinnert. Gut zu wissen, denn wir wollten backen und hatten kein Rührgerät und Waage! (Haben wir auch jetzt noch nicht – ging per Augenmaß und guter, alter Handarbeit). Wir fanden durch die Backaktion heraus, dass es „selfgrained flour“ gibt. Da ist dann im Mehl schon das Backpulver drin. Seltsam – Hat aber funktioniert! 🍰 😊

🏆 Endlich bestiegen wir mal den „Castle Hill“. Ist nicht hoch und hört sich auch süß an, aber wer unbedingt den „Goat Track“ nehmen muss, findet den nicht mehr so niedlich! Bei den gefühlten 1000 Treppenstufen mutiert man auch echt zur (Mecker-) Ziege! 🐐 Aber es hat sich total gelohnt (wie man in Felix Beitrag weiter unten sehen kann). Sonnenuntergang auf der einen und den Mondaufgang auf der anderen Seite.
Auf dem Rückweg wollten wir noch einen der berüchtigten Burger in der Brauerei verspeisen. -Leider fehlte mir der Perso und so konnten wir nicht reinkommen (Perso-Securities)!
🌴 Top war der Spaziergang am Fluss entlang, über die Turtle-Bridge, durch den Palmengarten (kostenlos) und zurück! 😀 War ein super Ausflug, den wir auf jeden Fall wiederholen werden!
📷 Letzte Woche konnte man Kunstwerke aus unterschiedlichen Materialien am Strand bestaunen. Darunter war viel Viechgeviechs, das wir hier schon genannt haben. Reizvoll war für uns die damit verbundene „Photographic competition“.
Da Felix und ich ja gerne fotografieren (und auch von dem Gewinn von 500 AUD nicht ganz abgeneigt waren), machten wir Bilder und sandten diese ein. Mal schauen, was dabei herauskommt…
Während Felix hier so vor sich hinstudiert, wende ich mich nun der Arbeitssuche zu.

Wanker, Ameisen und andere einheimische Lebewesen

Diese Woche hatten wir noch eines dieser Welcome-Events. Auf dem Radweg dorthin fuhr neben uns ein Proll-Auto, machte eine Vollbremsung und fuhr mit Vollgas wieder los. Wie ich aus meinem Australien-Reiseführer gelernt habe machte ich die typische Handbewegung für den australischen Auto-Fahrer (Eine lose Faust, der Arm leicht angewinkelt und eine langsame auf- und ab-Bewegung): Wanker! Scheint er verstanden zu haben, denn er fuhr links (ja, das ist immer noch seltsam) ran und haute den Rückwärtsgang rein. Dann verließen sie ihn aber (was sollte er auch gegen 2 Kerle auf dem Rad machen?) und fuhr weiter. Tja, Idioten gibt es auch Down Under.

In der Uni angekommen wurden wir von einem Aboriginal ein wenig auf dem Campus rumgeführt. Unter anderem zeigte dieser uns (essbare, nach Zitrone schmeckende, viel Vitamin-C!) Ameisen, die an Bäumen leben:

Sehr lange blieb ich dann aber auch nicht mehr bei dem sonstigen socializing Kram. Irgendwie habe ich derzeit eine leicht misanthrope Phase. Evt. Teil vom Culture-Shock? Dafür war ich dann heute mit Jana am Ross-River spazieren und wir haben eine Art Freiluft-Palmengarten gefunden. Echt schön da!

Leider war die Tropen-Region wegen den Fledermäusen* gesperrt. Siehe Bat breeding plague forces council to shut half of park. Die fliegen jeden Abend zu Hunderten über unser Haus hinweg! Ich habe ja schon mehrfach versucht die im Sonnenuntergang zu knippsen, aber das war nie so erfolgreich. Dafür haben wir die heute in dem Park gesehen. WOW!

*Graukopf-Flughund (Pteropus poliocephalus): Seine Flügelspannweite umfasst oft einen Meter, in einzelnen Fällen bis zu 1,5 Meter. Quelle: Wiki

Auf dem Rückweg am Fluss entlang sahen wir dann noch die üblichen Viecher: freilebende Wasserschildkröten, große Vögel, bunte kleine Vögel, 15cm große und leuchtend blaue Schmetterlinge, Schwarz-Rot-Gold Truthähne, nasse Wasservögel. Halt so das Geviech, dass man hier „Jeden Tag“ sieht 😃

27.07. bis 02.08.2015 – (Separated) Living in Townsville

Irgendwie vergingen die letzten zwo Wochen relativ schnell.
Der Fokus lag auf dem Überwinden eines so genannten Kulturschocks (, an dessen Existenz ich vorher nicht wirklich geglaubt hatte!) bzw. dem Einleben in unser WG-Haus sowie in diese Studenten-/ Touri-Gegend:

👥 Zur WG: Ich würde es eher als „separated living house“ bezeichnen. Eine richtige Gemeinschaft sucht man hier vergebens. Vielleicht ist Grüppchenbildung die bessere Bezeichnung?! Zumindest sind wir froh, dass man sich inzwischen neutral begegnet (hoffen wir!) und sich morgens halbwegs begrüßt.

🏡 🌆 Zur Stadt: Wie bei uns in Deutschland ist Townsville in verschiedene Vororte aufgeteilt und diese haben Einkaufzentren (mit Supermarkt, evtl. einer Postfiliale, Bottleshop …). Wir wohnen in dem Ortsteil „Annandale“, eine der größten, betuchteren Gegenden – versteht sich. 😋

Um einfach mal ein paar persönliche Vor- und Nachteile zu nennen:

  • Cool ist, dass „the ville“ an einer Meeresmündung liegt. -Also, in der Natur bewegen KÖNNTE man sich in diesem Ort schon viel … 😎
  • Wenn man Leuten, meist Gassigänger oder Läufer, auf der Straße begegnet, ihnen in die Augen schaut und anlächelt,
    lächeln sie meist zurück oder grüßen einen, z.B. mit „G`day!“ 😀
  • Die Busfahrer sind einfach genial! Man kann quasi nur vorne beim Fahrer ein-/ aussteigen – es wird sich gegrüßt und später wieder verabschiedet. Manchmal bleiben die Busfahrer einfach noch länger an der Haltestelle, um Smalltalk zu machen. 😀 (Du hast es mal eilig? -No worries! Denn der Fahrer holt die Zeit wieder rein, indem er einfach eine andere Route nimmt! 😅)
  • Die Busse sind übrigens echt gut klimatisiert. -Manchmal etwas zu gut … .
  • Kuuunscht is umsooonscht! Sehr gut finden wir, dass es viele kulturelle Angebote unentgeltlich gibt. (Dazu im nächsten Beitrag mehr.)
  • Es gibt viele öffentliche Toiletten, kostenlose Grillstellen und Wasserspender.
  • Ein Plus bekommen von uns natürlich ebenso die vielen exotischen Viecher hier zu Lande! -Wann sieht man in Flüssen schon Schildkröten rumschwimmen?

Die Contrapunkte betreffen wohl mehr mich als Felix, aber müssen an dieser Stelle mal genannt werden!

  • Wer ein Problem mit Hunden hat, wird hier nicht glücklich! Extrem viele Bewohner haben mindestens ein Hundilie und sehen Gassigehen (neben Joggen und Walken) als gesunde Form der Fitness an.
  • Davon abgesehen, dass das Leitungswasser gechlort ist (bäh!), wird viel an Pflanzen (v.a. der Rasen vor dem Haus) bewässert, um eine künstlich herbeigeführte Flora aufrechtzuerhalten.
    -Eigentlich kann man sich die Landschaft mal ohne Bewässerung vorstellen:
    (So eine Stelle gibt es nämlich hinter unserem Haus.) Dürre. – Trockener Acker. – Eine Prise Steppe … Wundervoll! *schwelg
  • Was selbst Menschen betrifft, die sonst weniger Mücken anziehen: Die Moskitos nerven rum. 🐝 Jeden Tag ein Stich. -Manchmal sieben auf einen STICH! 😅 💣Egal, schon dran gewöhnt.
  • In Supermärkten an der Kasse werden alle Artikel nach Themen in Tütchen einsortiert. -Aber was ist mit dem Thema „Umwelt“?!
    Nun gut, wir fanden jetzt heraus, dass man vorne aufs Band seinen Beutel hinlegen kann und da alles eingebeutelt wird. 😊
  • Die Preise im günstigsten Markt sind etwas teurer als in Deutschland. Nicht unbedingt wesentlich, aber es läppert sich!

BTW: Also dafür, dass die Australier so anti U.S.A und oder GB sind, haben se sehr viele Ähnlichkeiten!

Nun gut. Vor- und Nachteile gibt es überall und wenn man Australien (zumindest erstmal die Küstenregion hier) so akzeptiert wie sie ist, hat man auch wieder einen Blick für das Schöne und Neue. 😀

Zum Schluss noch eine gute Nachricht: Das richtige (und ungefährlichere) Verhalten im Linksverkehr funktioniert mittlerweile ganz gut …

… Zumindest ist uns noch nichts passiert.  😆

Ausklang der ersten Studienwoche mit einer Wanderung auf den Castle Hill

Die erste Studienwoche ist rum und ich habe gemischte Gefühle. Von vier Vorlesungen die ich belegt habe, besuchte ich drei. Die vierte hab ich verpennt (9 Uhr ist früh!). Die letzte der drei (natürlich die, die ich in Deutschland nicht belegen kann) habe ich vorzeitig verlassen, weil es nur eine Video-Übertragung aus Cairns war und ich nur Brocken verstanden habe… Das war der erste Moment wo mir „Was mach ich hier eigentlich?“ in den Sinn kam.

Dafür sind die anderen Zwo interessant:

  1. Advanced Game Design: Wir müssen u. a. in der Gruppe ein Brettspiel entwerfen und bis zum Ende des Semesters 10 (alte) Video-Games zocken und analysieren auf Mechanics, Dynamics and Aesthetics. Klingt nach Fun 🙂
  2. Collective Intelligence and Social Networks: Irgendwas mit Facebook und Vogel-Schwärmen. Ich muss die Slides nochmal mit einem Translator im Hintergrund lesen… viele unbekannte Vokabeln. Aber sehr nette Professorin und sehr lustiger Umgang mit ihren ehemaligen Studenten und Tutoren.

Gestern waren wir dann auf dem Hügelchen, der mitten in Townsville wie eine SimCity Naturkatastrophe sitzt, dem „Castle Hill„. Hier oben, in 286m Höhe betrachteten wir dann gleichzeitig den Sonnenuntergang auf der einen Seite und den Blue Moon Mondaufgang auf der anderen Seite. Zwar nicht blau, aber trotzdem amazing!